Rationale Illusionen

Der rationale Verstand hat sich die Illusion aufgebaut, alle Probleme des Universums auf rein rationale Weise lösen zu können. Diese Illusion spiegelt sich im Absolutheitsanspruch der Wissenschaft wieder, das einzig legitime Erkenntnisprinzip zu sein. Die Wissenschaft realisiert ihren Absolutheitsanspruch, indem sie alles als unwissenschaftlich abwertet, das nicht wissenschaftlich beweisbar ist. Da inner-psychische Wahrnehmung nicht Teil wissenschaftlicher Beweise sein kann, wird der wichtigste Teil der Realität von Erkenntnis ausgeschlossen. Das ist die Ursache für die rasant wachsenden Probleme und Krisen.

Die Arbeitsweise des Verstandes basiert auf Rationalität bzw. dem Aufbau eines rationalen Modells der Realität. Dieses Modell kann als Werkzeug zur Erkenntnis benutzt werden, aber es kann ebenso zur Verdrehung von Tatsachen und zur Verzerrung der Realität eingesetzt werden. Jede einzelne Komponente der Rationalität lässt sich missbräuchlich einsetzen:

  1. Differenzierung: Elemente nicht unterscheiden, die eigentlich unterschieden werden müssten
  2. Zusammenhänge herstellen, die nicht existieren oder existierende Zusammenhänge verleugnen
  3. Die Abbildungen zwischen rationalem Modell und Realität lassen sich beliebig verdrehen.
  4. ungültige Schlussfolgerungen
  5. unzulässige Verallgemeinerungen: etwas, das partiell gültig ist, wird über seinen Gültigkeitsbereich hinaus verallgemeinert (z.B. die Wissenschaft als Erkenntnisprinzip)

Der Verstand erweckt den Eindruck, Rationalität sei per se die Wahrheit. Tatsächlich ist aber nur die Realität die Wahrheit. Wahr ist das, was Probleme wirklich und praktisch löst. Weil die Naturgesetze einen kleinen Teilausschnitt des Universums (das elementare Verhalten der Materie) exakt beschreiben, hat der Verstand irrtümlicherweise geschlussfolgert, Rationalität könne generell die Realität exakt beschreiben. Genau das kann Rationalität aufgrund ihrer Beschränktheit aber gerade nicht. Die Naturgesetze sind ein seltener und - gemessen an der Gesamtrealität - eng beschränkter Spezialfall. Obwohl natürlich die Naturgesetze überall irgendwie mit drinstecken, wird der Lebensalltag des Menschen viel mehr von Mechanismen bestimmt, die keine Naturgesetze sind. Das betrifft insbesondere den menschlichen Körper, die Gesamtheit aller Lebewesen und das Ökosystem der Erde.

Das Tückische an Illusionen ist, dass sie sich auf rationaler Ebene genau wie Erkenntnis anfühlen: Eine Erkenntnis verschafft Kontrolle und eine Illusion verschafft ein Gefühl von Kontrolle. Auf rationaler Ebene wird das völlig gleich wahrgenommen. Der einzige Unterschied ist, dass bei einer Illusion die Kontrolle real nicht existiert. Deshalb fliegen uns die Probleme und Krisen um die Ohren. Der rationale Verstand neigt dazu, lieber an der Illusion festzuhalten, als sich mit der Realität seiner Begrenztheit zu konfrontieren. Das Festhalten an einer Illusion wird dabei als das Festhalten an einer Erkenntnis wahrgenommen.

Die folgende Aufzählung von Beispielen der rationalen Illusionsbildung erhebt bei weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Super-komplexe Systeme wie der menschliche Körper oder das Ökosystem der Erde werden in ihrer Charakteristik und Funktionsweise mit technologischen Systemen gleichgesetzt und gleichbehandelt, obwohl sie völlig andere Grundlagen haben. Das gesetzmäßige Verhalten super-komplexer Systeme kann von der Wissenschaft nicht erklärt werden.

  • Die Unfähigkeit der Wissenschaft, bestimmte Probleme zu lösen, wird der Unzulänglichkeit des Menschen bei der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und dem Zufall angelastet, anstatt sie dort zu suchen, wo sie tatsächlich zu finden ist: in der Begrenztheit der Wissenschaft als Erkenntnismethode. Wenn ein Problem nicht gelöst werden kann, tut die Wissenschaft einfach so, als würde der unfähige Mensch ihre großartigen Erkenntnisse nicht richtig anwenden. Tatsächlich ist der Wissenschaft die wichtigste Grundlage menschlichen Verhaltens entgangen: Das Verhalten des Menschen ist genau wie das aller anderen Lebewesen Potential-getrieben und kann nicht willkürlich der Rationalität untergeordnet werden.

  • Um die gravierenden Lücken der Wissenschaft zu vertuschen, bringt der Verstand komplizierte Theorien hervor, welche die Realität erklären sollen. Diese Theorien sind aber gar keine Erkenntnis, sondern nur Illusionen eines nicht existierenden Wissens. Beispiele sind die Evolutionstheorie, die Urknalltheorie und die Chaostheorie. Sie beziehen ihre hohe Überzeugungskraft daraus, dass sie Wahres mit Falschem geschickt vermischen. Wirkliche Erkenntnis löst Probleme. Die Evolutionstheorie hingegen macht den Menschen zur Geisel genetischer Zufallsereignisse, obwohl er tatsächlich mit seinem Verhalten die Entwicklung seines Körpers bestimmt. Auf diese Weise würden sich zahlreiche Krankheiten heilen lassen, die aus Sicht der Wissenschaft unheilbar sind.

  • Die Menschheit sieht sich mit ihrer Technologie gegenüber der Evolution als überlegen an, obwohl die Evolution sie selbst hervorgebracht hat und obwohl der menschliche Körper alles, was der Mensch hervorbringen könnte, um unvorstellbare Dimensionen an Komplexität und Funktionalität übersteigt.

  • Man schreibt dem Zufall die Entwicklung alles Existierenden zu und gleichzeitig werden aber aus dem Zufall permanent negative Entwicklungen (wie z.B. Pandemien) abgeleitet. Das bezeichne ich als den Grundwiderspruch reiner Rationalität.

  • Technologische Entwicklung (die eigentliche Leistung des Verstandes) wird mit Entwicklung als solcher verwechselt. Die eigentliche Entwicklung hat aber mit Technologie gar nichts zu tun, sondern findet auf geistiger Ebene statt bzw. findet sie beim Menschen schon lange nicht mehr statt, weil Rationalität nur einen vergleichsweise kleinen Ausschnitt psychischer Gesamtfähigkeiten darstellt. So bildet sich der Mensch anhand technologischer Entwicklung einen hohen Entwicklungsstand ein, während spätestens mit der Entwicklung des Smartphones der geistige Degenerationsprozess des Menschen eine neue Dimension erreicht hat. Durch Smartphones werden die wichtigsten inner-psychischen Prozesse vollständig blockiert, weil die Psyche keinen Leerlauf mehr bekommt (Muße, Träumerei, emotionale Verarbeitungsprozesse). Der rationale Verstand blockiert mit rationaler Rastlosigkeit alle anderen psychischen Vorgänge.

  • Ideen (Eingebungen, die nicht das Produkt rationaler Denkvorgänge sind) und Gedanken (Bestandteile rationaler Denkvorgänge) werden nicht voneinander unterschieden, weil dann offensichtlich würde, dass sich der Verstand viele Leistungen selbst zuschreibt, die gar nicht auf seinem Mist gewachsen sind. Der Verstand unterstellt einfach, dass das nicht bewusst Rationale unbewusst rational ist. Und das ist aber ganz und gar nicht der Fall. Es ist vielmehr nicht-rationaler Natur und hat in seiner Entstehung nichts mit dem Verstand zu tun, außer dass es vom Verstand weiterverarbeitet wird.

  • Der Wortstamm des Rationalen wird mit Vernunft übersetzt, obwohl es eigentlich auf die Arbeitsweise des Verstandes hinweist: Rationalität basiert auf teilen: Elemente der Wahrnehmung unterscheiden (differenzieren) und Zusammenhänge zwischen ihnen herstellen (teilen und verbinden). Ratio hat in seiner Wortherkunft mit Teilen zu tun: die Ration, rationieren usw.

  • Die Begriffe Kausalität und Gesetzmäßigkeit werden nicht klar unterschieden, was zu der diffusen halb unbewussten Annahme führt, beides wäre irgendwie das Gleiche.

    Eine Kausalität ist ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang: ein Energie-Element - die Ursache - übt eine verändernde Wirkung auf ein anderes Energie-Element aus:

    Eine Gesetzmäßigkeit ist etwas, das unter bestimmten Bedingungen immer gleich ist:

    Rationalität wäre dann eine universelle Erkenntnismethode, wenn es nur gesetzmäßige Kausalitäten gäbe, denn die Verhaltenssteuerung des Verstandes basiert auf gesetzmäßigen Kausalitäten. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall.

    Es können auch ganz andere Dinge als Kausalitäten gesetzmäßig sein, was für die rationale Illusion allerdings egal ist. Nicht egal ist hingegen, dass es auch nicht-gesetzmäßige Kausalitäten gibt, mit denen der Verstand nichts anfangen kann. Die vom Verstand verdrängten nicht-rationalen Teile der Psyche können das dafür umso besser. Leider wurden sie vom Verstand ausgeknockt, weil ihre Funktionsweise sich dem Verstand rational nicht erschließt. Das Weltbild des rationalen Verstandes sieht vor, dass es nur rational erklärbare Zusammenhänge geben darf.

  • weiter im Text: Unwissenschaftlich!